Gewalt gegen Lehrkräfte stoppen!

Gewalt gegen Lehrkräfte ist nicht ein Sonderfall, sondern leider trauriger Alltag in unseren Schulen in NRW.

Tragischer Höhepunkt einer fatalen Entwicklung war die Tötung einer Kollegin am 10. Januar 2023 durch einen 17-jährigen Schüler im Klassenraum eines Berufskollegs in Ibbenbüren.Bedrohungen, Beleidigungen, körperliche Angriffe auf Lehrkräfte sind Straftaten, die konsequent verfolgt werden müssen, auch mithilfe von Strafanzeigen durch die Dienststelle.

Gewalt erfahren wir nicht nur an unseren persönlichen Arbeitsplätzen, sondern hören wir immer mehr von Kolleg:innen in den verschiedenen Personalräten, auf Personalversammlungen und auch durch diverse
Presse- und Medienberichterstattungen.

Gewalt an Schulen ist ein zunehmendes Problem

Aus einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2022, in der über 1300 Schulleitungen befragt wurden, geht hervor, dass Gewalt ein zunehmendes Problem an Schulen ist. Waren es 2018 noch 48 %, die direkte Gewaltvorfälle gegen Lehrkräfte bestätigten, so sind es im Jahr 2023 schon 65 % der befragten Schulleitungen. Eine aussagefähige Statistik seitens des Arbeitgebers gibt es nicht. Mit anderen Worten, weder die Landesregierung NRW noch die verschiedenen Bezirksregierungen kümmern sich adäquat um die Sicherheit und die körperliche Unversehrtheit ihrer Mitarbeitenden. Lehrer:innen werden sich selbst überlassen.

Etliche Schulleitungen haben kein Interesse daran, deutlich zu machen, dass bei ihnen eine Gewaltproblematik existiert. Stattdessen verharmlosen und bagatellisieren sie häufig Angriffe auf Lehrkräfte, indem sie diese als persönliches Problem von einzelnen Lehrer:innen bewerten. Die Folge ist, dass die Lehrkräfte mit psychischer und physischer Gewalt allein gelassen werden. Ein sicherer Ort wird Schule aber nur dann sein, wenn die Schulleitungen ihrer Fürsorgepflicht nachkommen, Verantwortung übernehmen und den Beschäftigten Schutz und Rückendeckung geben.

Jede Schule hat einen Notfallordner mit Handlungsanweisungen. Die Praxis zeigt jedoch, dass viele Kolleg:innen nicht wissen, wo dieser Ordner zu finden ist und somit auch den Inhalt nicht kennen. Weiter zeigt sich, dass die Handlungsanweisungen in einem Bedrohungsfall an vielen Schulen praxisfern sind. Es werden keine Möglichkeiten zur Verfügung gestellt, um Alarm auszulösen (Notfall-Taster, besser noch Alarm-Apps). Es werden keine regelmäßigen Übungen für den Bedrohungsfall durchgeführt – im Gegensatz zu den halbjährlichen Feuerschutzübungen. Es gibt keine Pflicht für die Schulleitung, jegliche Gewaltvorfälle an ihren Schulen an die Bezirksregierung zu melden.

Es gibt folglich keine Möglichkeit, belastbare Zahlen von Gewaltvorfällen an Schulen zu erstellen. Es gibt nicht in allen Bezirken die Möglichkeit für Lehrer:innen, sich direkt an die Bezirksregierung zu wenden, um einen Gewaltvorfall zu melden oder um Unterstützung zu erhalten.

Aufgrund all dieser Missstände fordert SchaLL.NRW:

Für Menschen, die Opfer von Gewalt geworden sind, müssen Angebote gemacht werden, die helfen, einen Umgang mit der erlebten Gewalt zu finden. Gewalttaten können für die persönlich Betroffenen mit weitreichenden und lang anhaltenden Folgen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen verbunden sein. Ebenso können Gewalthandlungen negative Auswirkungen auf das Schulklima und damit auf die Schulgesundheit haben.

Das bedeutet konkret:

  1. Wissenschaftliche Untersuchung zur Gewalt gegen Lehrkräfte: Flächendeckende Erhebung von Daten zur Gewalt gegen Lehrkräfte von einer unabhängigen Institution durch Befragung aller Lehrkräfte in NRW.
  2. Jede Gewalttat (körperliche Attacken, Bedrohungen, Beleidigungen) muss von Schulleitungen der Schulaufsicht gemeldet werden und bei schweren Vergehen zur Anzeige gebracht werden.
  3. Bezirksregierungen müssen Gewaltvorfälle wöchentlich an das MSB durch eine verbindliche Meldekette kundtun: Wie kann es sein, dass der Unterrichtsausfall täglich an das MSB gemeldet wird, nicht aber Gewaltvorfälle?
  4. Personalräte und Dienststellen sollten eine Dienstvereinbarung zum Thema Gewalt abschließen, wie das die Stadt Dortmund vorbildhaft gemacht hat.
  5. Stärkung der Gewaltprävention:
    Schaffung eines Krisenmanagements an jeder Schule. Im Schulgesetz § 42 (6) steht:
    Jede Schule erstellt ein Schutzkonzept gegen Gewalt.
    Wer kontrolliert die Umsetzung?
    Deeskalationstraining und Selbstschutztraining als Fortbildungsangebot für Lehrer:innen/Schulträger/Polizei sind notwendig.
  6. Jede Schule führt alle zwei Jahre einen pädagogischen Tag zumm Thema
    Gewalt gegen Lehrkräfte durch.
  7. Flächendeckende Einführung des Gütersloher Modells:
    a) Einheitliches Orientierungssystem für schnelles und zielgerichtetes Einschreiten von Einsatz- und Rettungskräften
    b) Funktionierende Alarmsysteme ohne Verzug und von jeder Stelle digital auslösbar (oder auch durch eine Alarm-App)
    c) Verpflichtende Bedrohungsalarmübungen für die Handlungssicherheit des Schulpersonals
    d) Ein digitales Bedrohungsfallmanagement an allen Schulen (Schulbaurichtlinien)
    e) Aufnahme eines Orientierungssystems in die Schulbaurichtlinien
    f) Polizeiliche Beratung zur Erhöhung der Sicherheit durch zusätzliche Maßnahmen
    (Ministerium für Schule und Bildung/Schulträger)
  8. Paderborner Modell:
    „Haus des Jugendrechts“ sollte landesweit eingeführt werden: Staatsanwaltschaft, Jugendämter und Polizei arbeiten eng zusammen, um jugendliche Straftäter zeitnah zu verurteilen.
  9. Schaffung einer unabhängigen Beschwerdestelle für Lehrer:innen in NRW - Vorbild könnten da die Wehrbeauftragten der Bundeswehr sein.

Kontakt für Rückfragen

Rainer Lummer

Vorstand SchaLL.NRW
Pressesprecher
Mitglied im Hauptpersonalrat
Gesamt-/Sekundarschulen

lummer@schall.nrw
Telefon 05254 64274

Presseinformationen

Zum Thema Gewalt gegen Lehrkräfte haben wir folgende Presseinformationen veröffentlicht: