Familienzuschlag für Tarifbeschäftigte!

Der Familienzuschlag ist von zentraler Bedeutung für die Entlohnung von Lehrkräften und hat erhebliche Auswirkungen auf ihr berufliches und privates Leben. Dieser Text beleuchtet die Entwicklungen im Bereich des
Familienzuschlags für tarifbeschäftigte und verbeamtete Lehrkräfte und zeigt auf, wie diese Veränderungen das Einkommen und die Lebenssituation der Lehrkräfte beeinflussen.

1. Die Entwicklung des Familienzuschlags

Mit Einführung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) im Jahr 2006 wurde der Ortszuschlag (Familienzuschlag) für tarifbeschäftigte Lehrkräfte abgeschafft. Dieser Zuschlag war zuvor ein fester Bestandteil des Entgelts gemäß dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und berücksichtigte die Familienverhältnisse der Beschäftigten einschließlich ihrer Ehe und der Anzahl der Kinder.

Im Gegensatz dazu behielten verbeamtete Lehrkräfte nach der Einführung des TV-L ihren Familienzuschlag. Dieser Zuschlag wurde im Jahr 2021 im Rahmen einer Neustrukturierung erheblich angehoben. Insbesondere wurde der Familienzuschlag (ab A9) für das dritte Kind auf 807,15 €, für das vierte Kind auf 762,41 € und für das fünfte  und jedes weitere Kind auf jeweils 769,22 € erhöht. Dies entspricht nahezu einer Verdopplung der früheren Zuschläge. Zudem wurde der Familienzuschlag im Jahr 2022 für das erste und zweite Kind an die örtlichen Mietpreise angepasst. Dies bedeutet, dass je nach Mietstufe einer Region der Familienzuschlag für zwei Kinder um bis zu 1096,63 € erhöht wird.
 

2. Berechnung des Familienzuschlags

Der Familienzuschlag für das erste und zweite Kind wird durch sogenannte Mietstufen unterteilt. Sie beziehen sich auf das jeweilige örtliche Mietniveau. Die Städte Bochum und Dortmund gehören zur Mietstufe III. Köln und Düsseldorf sind der Mietstufe VI zugeordnet. Die Bruttobeträge aus Tabelle 1 können pro Kind addiert werden.

Beispiel:
Eine verheiratete Familie mit drei Kindern in Bochum würde die
Zuschläge 152,68 € (verheiratet), 176,33 € (1. Kind), 573,04 €
(2. Kind), 829,75 € (3. Kind) bekommen. Wenn man die Beträge
addiert, kommt man auf einen Gesamtzuschlag von 1731,80 €
pro Monat brutto.

Die nachfolgende Tabelle zeigt beispielhaft die Jahresnettobeträge der Familienzuschläge am Beispiel einer Lehrkraft in A13, Stufe 5, verheiratet, Steuerklasse 3 (Mietstufe III bzw. VI):


3. Einkommensunterschiede trotz gleicher Qualifikation und gleicher Tätigkeit

In der Tabelle 3 werden Beispiele eines Nettoentgeltvergleichs für die Wohnorte Bochum/Dortmund und Köln/Düsseldorf durchgeführt. Die Dienstzeit für die Stufenzuordnung beträgt acht Jahre und der Familienstand „verheiratet“ wird mit Steuerklasse 3 im Jahr 2023 berechnet. Weitere folgende Annahmen, die für alle Berechnungen und Tabellen fortan gelten sollen, liegen diesem Vergleich zugrunde:

  • Verbeamtet A 13 Stufe 7
    (nach acht Jahren Tätigkeit als Lehrer:in)
    Der Beitragssatz zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung wird mit durchschnittlich 300 € und 40 € pro Kind angenommen. Weiterhin wird die Steuerklasse nach Familienstatus angenommen.
     
  • Tarifbeschäftigt EG 13 Stufe 4
    (nach acht Jahren Tätigkeit als Lehrer:in)
    Die Sozialversicherungsbeiträge und die Pflegeversicherung werden nach den derzeitigen gesetzlichen Vorgaben berechnet. Die gesetzliche Krankenversicherung wird mit einem Beitragssatz von 15,8 % angenommen, wovon der Arbeitgeber die Hälfte trägt. Weiterhin wird die Steuerklasse nach Familienstatus angenommen.

4. Auswirkungen

Diese Unterschiede zwischen tarifbeschäftigten und verbeamteten Lehrkräften führen zu erheblichen Einkommensunterschieden und haben tiefgreifende Auswirkungen auf ihr Leben. Schon bei einer verheirateten
tarifbeschäftigten Lehrkraft mit Steuerklasse 3 und ohne Kinder besteht ein jährlicher Netto-Gehaltsunterschied von etwa 6.840 €. Mit zunehmender Anzahl der Kinder steigt dieser Unterschied erheblich an. (Vgl. Tabelle 3).

Als Beispiel sei eine verheiratete Person mit drei Kindern genannt, die in Bochum oder Dortmund lebt. Hier ergibt sich ein jährlicher Netto-Einkommensunterschied von etwa 18.488 €. In Köln oder Düsseldorf liegt dieser Unterschied bei etwa 22.021 €.

5. Berufseinstieg

Besonders drastisch werden die Unterschiede, wenn man die Situation beim Berufseinstieg betrachtet. In der nachfolgenden Tabelle 4 wird die Anzahl der Kinder in Abhängigkeit von der Mietstufe beim Berufseinstieg als Lehrkraft dargestellt. Dies verdeutlicht, wie stark sich die Einkommensunterschiede von Anfang an auswirken können. Abweichend von der ersten Tabelle wird dieser Vergleich mit der jeweiligen Einstiegsgruppierung durchgeführt. Bei den Tarifbeschäftigten wird EG 13 Stufe 1 verglichen mit A 13 Stufe 5 bei den verbeamteten Lehrkräften.

Wie aus der Tabelle 4 hervorgeht, ergibt sich bei einer verheirateten Person mit drei Kindern ein jährlicher Netto-Einkommensunterschied von 22.909 € in Bochum oder Dortmund und sogar ein noch größerer Unterschied von 26.490 € in Köln oder Düsseldorf. Weitere markante Beispiele für den jeweiligen Familienstatus können der Tabelle entnommen werden:

Um neue tarifbeschäftigte Lehrkräfte zu gewinnen, ist das sicherlich kein Anreiz, sondern eher abschreckend!

6. Teilzeitbeschäftigung

Bei der Inanspruchnahme von Teilzeitbeschäftigung ergeben sich signifikante Unterschiede. Eine verbeamtete Lehrkraft muss deutlich weniger Stunden arbeiten, um das gleiche Netto-Einkommen wie eine tarifbeschäftigte Lehrkraft in Vollzeit zu erzielen. In der Tabelle 5 sind die Details ersichtlich:

Am Beispiel einer Lehrkraft mit drei Kindern im ersten Jahr nach Berufseinstieg, müsste in Bochum oder Dortmund von einer verbeamteten Lehrkraft lediglich ein Teilzeitanteil von 59 % gearbeitet werden, um das Netto-Einkommen einer in Vollzeit tarifbeschäftigten Lehrkraft zu erreichen. In Köln oder Düsseldorf sind es sogar nur 55 %.

7. Betrachtung über die gesamte Laufzeit des Familienzuschlages

Es sei eine Familie mit drei Kindern angenommen, die im Dreijahresabstand geboren worden sind. Diese Familie würde versetzt pro Kind 25 Jahre lang den Familienzuschlag erhalten. Geht man von einer Start-Eingruppierung in A 13 Stufe 5 bzw. EG 13 Stufe 1 aus, würde bei einer Berechnung nach aktuellem Stand über die Zeit von 31 Jahren in z. B. Bochum oder Dortmund ein Netto-Differenzbetrag von 443.000 € entstehen. In Köln oder Düsseldorf beläuft sich dieser Netto-Differenzbetrag auf fast 550.000 €.

In dieser Berechnung sind die Stufenerhöhungen enthalten, jedoch keine Beförderung berücksichtigt. Mit Einbezug einer Beförderung wird die Differenz weitaus größer.

8. Fazit

In Anbetracht dieser erheblichen Unterschiede und deren Auswirkungen auf das Leben der betroffenen Lehrkräfte muss darüber nachgedacht werden, wie diese Gehaltsdiskriminierung behoben werden kann. Ziel muss es sein, über einen definierten Zeitraum diese Unterschiede zu beseitigen und an den jeweils aktuellen Status der Beamten heranzuführen. Es ist von großer Bedeutung, Lösungen zu finden, die eine gerechtere Entlohnung für alle Lehrkräfte gewährleisten und sicherstellen, dass ihre Lebenssituationen nicht weiter benachteiligt werden. Vor allem dürfen die Kinder der tarifbeschäftigten Lehrkräfte nicht schlechter gestellt werden.

Da die Gewerkschaften dieses Thema gezielt ausblenden und diesbezüglich keine Forderungen aufstellen, muss Hilfe durch die Öffentlichkeit und von der Politik kommen. Gar nicht auszumalen, was alles bewegt würde, wenn die Benachteiligung die Beamt:innen beträfe.