Für tarifbeschäftigte Lehrkräfte ist die VBL-Zusatzversorgungsrente ein wichtiger Teil der Gesamtansprüche an die öffentlichen Rentenkassen. Je nach Länge der Tätigkeit im öffentlichen Dienst können dies zurzeit des Beginns der Rentenzahlungen in etwa 20 % der Gesamt-Rentenansprüche (DRV-Rente, VBL-Zusatzversorgungsrente) sein. Da die VBL-Zusatzversorgungsrente jährlich nur um 1 % steigt, sinkt ihr Wert im Laufe der Jahre erheblich. Dies ist besonders ungerecht, da die Umstellung von der ursprünglichen beamtenähnlichen VBL-Gesamtversorgung auf das aktuelle Punktemodell schon eine massive Verschlechterung bedeutet. Der enorme Abstand zur (wesentlich höheren) Absicherung der Ruhestandsbeamt:innen steigt jährlich; die Gefahr von Altersarmut steigt ebenso. Für die VBL-Rentner:innen ist auch nicht nachvollziehbar, dass die Pensionär:innen auf der Grundlage der 1:1-Übertragung der TV-L-Tarifeinigung vom 09.12.2023 – außer der Tariferhöhung – auch bis zu 71,75 % der 3.000 Euro Inflationsausgleichszahlungen erhielten, während die VBL-Rentner:innen selbst leer ausgingen.
Daher muss der Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!" auch im Renten- und Pensionsalter befolgt werden. Daher müssen die Zusatzversorgungsrenten (Betriebsrenten) im öffentlichen Dienst dringend werterhaltend dynamisiert und optimiert werden.
Die Zusatzversorgungsrente im öffentlichen Dienst beruhte ursprünglich auf dem Gleichheitsprinzip zwischen Angestelltenrenten und Beamtenpensionen. Die Zusatzversorgung hatte seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts den Zweck, die Versorgungslücke bei den Tarifbeschäftigten zwischen der gesetzlichen Rente und der Beamtenversorgung zu schließen. Gemäß dem seit 1967 geltenden Versorgungstarifvertrag wurde den Tarifbeschäftigten bis 2001 versprochen, dass sie eine beamtenähnliche endgehaltsbezogene Versorgung erhalten mit einer Dynamik der Rente gemäß den Pensionen.
Ganz anders als jetzt war für Tarifbeschäftigte bis zum Jahre 2001 - für die Jahre der Zugehörigkeit zum Öffentlichen Dienst - nur das Endgehalt die Grundlage der Berechnung der deutlich höheren Rentenansprüche. Diese deutlich höheren Renten in der Gesamtversorgung hatten wie die Beamtenpensionen einen Schutz vor einem Wertverlust durch eine angemessene Dynamik, d. h. durch eine angemessene Steigerung der Bezüge im Ruhestand.
Bis 1985 war die Lücke zwischen der gesetzlichen Rente und der Beamtenversorgung durch eine (Brutto-)Gesamtversorgung für die Angestellten (heute: Tarifbeschäftigten) mehr oder weniger geschlossen. Darauf folgte eine – weniger komfortable – (Netto-)Gesamtversorgung. Das bedeutet im Klartext: Heute haben Tarifbeschäftigte (insgesamt deutlich geringere) Rentenansprüche an die Deutsche Rentenversicherung und an die VBL. Die VBL-Zusatzversorgung hat nur eine 1%ige Dynamisierung. Bei einer höheren inflationären Entwicklung bedeutet dies einen Kaufkraftverlust.der Zusatzversorgungsrente.
Durch den sog. Altersvorsorgeplan 2001 sowie den Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung - ATV) vom 1. März 2002 haben die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes das Zusatzversorgungsrecht grundlegend umgestaltet. Das bisherige Gesamtversorgungssystem wurde zum 31. Dezember 2000 geschlossen und durch ein Betriebsrentensystem abgelöst Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden für alle Lehrkräfte die Belastungen im Schuldienst durch eine enorme Arbeitsverdichtung und höhere Stundendeputate (etc.) immer größer. Dennoch wurde seit 2002 für Tarifbeschäftigte die soziale Absicherung im Berufsleben und im Ruhestand durch den Systemwechsel bei der VBL-Zusatzversorgung massiv verschlechtert.
Wegen der seit 1985 sichtlich ungerechten Entwicklung der Zusatzversorgungsrente der VBL-West für Tarifbeschäftigte fordern wir „Gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ im aktiven Berufsleben und natürlich auch im Rentenalter! (VBL-West: Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) im Abrechnungsverband West. Anmerkung: Die Situation im Abrechnungsverband Ost kann an dieser Stelle nicht dargestellt werden. Natürlich muss auch die Zusatzversorgung im Abrechnungsverband Ost gerecht ausgestaltet sein.)
Diese gerechte Behandlung auch im Rentenalter ist dringend geboten – nicht zuletzt in einer Zeit des dramatischen Lehrkräftemangels, in der Tausende von vakanten Stellen dringend besetzt werden müssen. Für uns Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst ist die VBL-Zusatzversorgungsrente seit 2002 nicht mehr eine Gesamtversorgung, sondern neben der gesetzlichen Rente der Deutschen Rentenversicherung (DRV) nur noch die zweite Säule der Altersversorgung.
Wegen der Umstellung von einer Gesamtversorgung auf ein ungerechtes und unzulängliches Punktemodell im Jahre 2002 liegt die Höhe der heutigen Netto-Altersversorgung der tarifbeschäftigten Lehrkräfte (gesetzliche DRV-Rente und VBL-Zusatzversorgungsrente) mit durchaus 500 Euro bis zu 1000 Euro deutlich unter den Pensionen der verbeamteten Lehrkräfte. Wenn man die Absicherung im Ruhestand bzw. Rentenalter von beförderten tarifbeschäftigten und beförderten verbeamteten Lehrkräften vergleicht, kann diese Lücke sogar noch höher sein.
Verbeamtete Lehrkräfte brauchen eine ruhegehaltfähige Dienstzeit von 40 Jahren, um ihre maximalen Pensionsansprüche erreichen zu können (maximal 71,75% ihres letzten Bruttogehalts). Bei der Berechnung der relevanten Dienstzeit werden auch weitere Zeiten berücksichtigt (z. B.: Studium 2,3 Jahre + 1,3 Jahre Zivildienst / Wehrdienst + 1,5 – 2 Jahre Referendariat).
Dr. Michael Popp untersucht im Jahre 2018 in seinem wissenschaftlichen Gutachten im Auftrag der SchaLL.NRW die (Netto-)Einkommensschere zwischen angestellten und verbeamteten Lehrkräften im Erwerbsleben und im Ruhestand. Er kommt in seinem idealtypischen Vergleich zu dem folgenden Ergebnis: Der Netto-Unterschied beträgt im Erwerbsleben und im Ruhestand mehr als 275.000 Euro!
Dr. Michael Popp berücksichtigt in seinem Vergleich 18 Lebensjahre im Ruhestand. Somit beträgt der Gesamt-Netto-Unterschied im Ruhestand 71.500 Euro. Dies bedeutet: Es gibt einen jährlicher Netto-Unterschied von in etwa 4.000 Euro (3944,44 Euro) jährlich bzw. 328,70 Euro.monatlich.- und zwar in einem idealtypischen Vergleich.
SchaLL weist darauf hin, dass diese Unterschiede aus einem idealtypischen Vergleich in Wirklichkeit wesentlich höher sein können. Im Jahre 2015 kommen Dr. Friedmar Fischer und Dipl.-Hdl. Werner Siepe in ihrer Auftragsstudie für SchaLL – bezogen auf einen Musterfall – u. a. zu dem folgenden Ergebnis:
„Die(Netto-)Einkommenseinbuße des Rentners [E 13] gegenüber dem Pensionär [A 13] macht 529 Euro (= Nettopension 2.464 Euro minus Nettogesamtrente 1.935 Euro) bzw. 22 % der Nettopension aus.“ (Quelle: Dr. Friedmar Fischer und Dipl.-Hdl. Werner Siepe: Altershöchstgrenzen für die Verbeamtung in NRW- Finanzielle Auswirkungen in der Erwerbs- und Ruhestandsphase; S. 19, Paderborn, August 2015)
Beförderungen können den Brutto- und Netto-Unterschied zwischen Ansprüchen im Rentenalter bzw. Pensionsalter enorm steigen lassen, da die Rentenansprüche der tarifbeschäftigten Lehrkräfte durch die Beförderungen nur um wenige Euro pro Jahr steigen. Selbst wenn die Beförderung nur zwei Jahre vor der Pensionierung stattfindet, so ist das neue Bruttogehalt nach der Beförderung die Basis zur Berechnung der Pension (s. o.). Die Pensionen der beförderten verbeamteten Lehrkräfte betragen maximal 71,75% des letzten Bruttogehalts.
Bei einer Beförderung von A13 nach A14 beträgt der Brutto-Unterschied für eine ledige verbeamtete Lehrkraft im Schuldienst des Landes NRW: 599,34 Euro (Erfahrungsstufe 12). Somit ist der Bruttozugewinn im Ruhestand: 430,02 Euro. Bei einer Beförderung von A14 nach A15 (Erfahrungsstufe12) beträgt der Bruttounterschied für eine ledige verbeamtete Lehrkraft im Schuldienst weitere 798,94 Euro. Somit ist der weitere Bruttozugewinn im Ruhestand: 573,23 Euro.
Der gesamte Bruttozugewinn im Ruhestand (nach den beiden Beförderungen) beziffert sich auf 1.003,25 Euro. Verheiratete verbeamtete Lehrkräfte erhalten auch im
Ruhestand außerdem anteilsmäßig (bis zu 71,75%) ihre Familienzulage Stufe 1 und ihre Stellenzulage. Ledige verbeamtete Lehrkräfte erhalten im Ruhestand ebenso anteilsmäßig (bis zu 71,75%) ihrer Stellenzulage.
Die Beförderungen tarifbeschäftigter Lehrkräfte haben im aktiven Berufsleben und im Rentenalter leider eine ganz andere Auswirkung: Bei der Höhergruppierung nimmt der Beschäftigte nicht seine bereits erreichte Stufe mit, sondern fällt vielmehr in den Stufen der neuen Entgeltgruppe so weit zurück, dass sein neues Gehalt mindestens dem alten entspricht. Es erfolgt jedoch mindestens eine Zuordnung zur Stufe 2. Tarifbeschäftigte Lehrkräfte in den Entgeltgruppen 9 bis 15 haben lediglich einen Anspruch auf eine Erhöhung von 180 Euro (brutto). Der Nettozugewinn im aktiven Berufsleben beträgt in einem solchen Fall wegen der Sozialabgaben zusätzlich zu den zu entrichtenden Steuern in etwa 100 Euro. Eine solche Erhöhung der Bruttobezüge im aktiven Berufsleben erhöht die Rente jedoch nur um wenige Euro! Das ist demotivierend.
Fazit: Die Unterschiede der Absicherungen im Rentenalter bzw. Ruhestand von tarifbeschäftigten und verbeamteten Lehrkräfte sind gigantisch.
Diese Ungleichbehandlung ist skandalös.
Statt der Beachtung des Gleichheitsprinzips kennt die VBL-Rente seit vielen Jahren nur eine Tendenz - nach unten!
Ursprünglich war die Absicherung der Tarifbeschäftigten im Rentenalter eine endgehaltsbezogene (Brutto-)Gesamtversorgung: Man erhielt bis 1985 maximal 75 % vom letzten Brutto-Entgelt (75 % des durchschnittlichen Bruttogehalts der letzten 3 Jahre) – und dieses nach 40 Jahren gesamtversorgungsfähiger Zeit. Somit entsprach die Höhe der Absicherung im Rentenalter durch die VBL in etwa der Absicherung der Ruhestandsbeamten.
Verheerend wirkte sich in einer Zwischenphase von 1985 bis 2001 die Umstellung der Gesamtversorgung von bis zu 75 % des gesamtversorgungsfähigen Bruttoentgelts auf höchstens 91,75 % des gesamtversorgungsfähigen Nettoentgelts aus. Die Rentenzahlungen sind nun deutlich niedriger als in dem Vorgänger-System (der sog. Brutto-Gesamtversorgung). In dem neuen System (der sog. Netto-Gesamtversorgung) wird bei jeder Neuberechnung das Bruttoentgelt um alle von den Aktiven zu zahlenden Abzüge vermindert, um das Nettoentgelt zu erhalten, also um Steuern (fiktiv, nur nach Klasse I/0 oder III/0), Rentenversicherungs-, Arbeitslosenversicherungs-- und Krankenkassenbeiträge, später auch Pflegeversicherungsbeiträge. Das so erhaltene Nettoentgelt wird, in Abhängigkeit von der gesamtversorgungsfähigen Zeit, auf max. 91,75% gekürzt (maximale Gesamtversorgung nach 40 Jahren Zugehörigkeit zum Öffentlichen Dienst – unter Berücksichtigung von Zeiten im Angestelltenverhältnis außerhalb des öffentlichen Dienstes zu 50 %). Von der verbliebenen Gesamtversorgung müssen die Betroffenen ihre Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge selbst bezahlen.
Nicht nur die Besonderheit der fiktiven Steuerklasse schaffte unglückliche und ungerechte Konstellationen. Die Netto-Gesamtversorgung missachtete das Gleichheitsprinzip, denn Tarifbeschäftigte wurden wesentlich schlechter abgesichert als Beamte. Ihre Rentenbezüge waren nun deutlich geringer als die Bezüge der Ruhestandsbeamtenschaft.
Ab 1991 entstanden aufgrund von Frühverrentungen bei der Bundeswehr und Privatisierungen (Lufthansa AG) angeblich erhebliche Deckungslücken und Teile des angesparten Kapitals der VBL wurde nun in dem hier beschriebenen Kontext zusätzlich verbraucht.
Die Beiträge von zunächst 6,7 % wurden im Laufe der Zeit auf nur noch 4 % ab 1978 reduziert; dies ist ein Grund, warum die VBL in Finanznot geriet. (Erst ab 1998 wurden die Beiträge deutlich erhöht.) Wer allerdings über die VBL (z. B. mit der finanziellen Regelung der Folgen der Privatisierung der Lufthansa AG) Lasten übernimmt, die eigentlich von der Öffentlichen Hand zu finanzieren wären, kann sich nicht aus der Verantwortung stehlen: Das Gleichheitsprinzip ist unbedingt zu beachten.
Das Schreckensszenario weiter steigender Defizite bewahrheitete sich jedoch nicht. Doch angeblich zur finanziellen Rettung der VBL-Zusatzversorgung wurden mit Zustimmung der Gewerkschaften schon im Jahre 2001 die Zwischenlösung der endgehaltsbezogenen (Netto-)Gesamtversorgung und die Mindestgesamtversorgung und die Mindestversorgungsrente der Angestellten (heute: der Tarifbeschäftigten) aufgegeben. Stattdessen wurde ein ungerechtes und unzulängliches Punktemodell eingeführt.
Das Gleichheitsprinzip zwischen der Absicherung der Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst im Rentenalter und der Absicherung der Ruhestandsbeamten muss jedoch unbedingt beachtet werden – ganz besonders dann, wenn die gleiche Arbeit bei gleicher Ausbildung geleistet wird! Die Einsparungseffekte durch die Systemumstellung zum 01.01.2002 belaufen sich auf ca. 50 Mrd. Euro – und zwar (lediglich!) bezogen auf den Zeitraum von 2005 bis 2040.
Vgl. Grafik Ausgabenkonsolidierung des Handouts zum Vortrag des VBL-Präsidenten Wolf R. Thiel am 30.05.2006 an der Universität zu Ulm; abgedruckt als Grafik 25, S. 51, in: Dr. Friedmar Fischer / Werner Siepe: Dokumentation 80 Jahre Zusatzversorgung der VBL: Zahlen, Daten, Fakten von 1970 – 2050; 1. Auflage 2014: Sierke Verlag, Göttingen; hrsg. vom Verein zur Sicherung der Zusatzversorgungsrente (VSZ e. V.) Hamburg [neu: Göttingen]
Bei der Einführung des Punktemodells ab dem 01.01.2002 blieb die alte Gesamtversorgung für die sog. rentennahen Jahrgänge (Rentennahe Jahrgänge: Pflichtversicherte, die am 01.01.2002 das 55. Lebensjahr bereits vollendet hatten) erhalten. Für die sog. rentenfernen Jahrgänge (Rentenferne Jahrgänge: Pflichtversicherte, die am 01.01.2002 jünger als 55 Jahre alt waren) erfolgte die fragwürdige Umstellung auf das Punktemodell: Wer vor dem 01.01.2002 eingestellt worden war, dessen bis zum 31.12.2001 erworbene Anwartschaft auf die alte Gesamtversorgung wurde angeblich angemessen übertragen. Diese Ansprüche an die vorherige Gesamtversorgung wurden in Form von Punkten in einer sog. Startgutschrift abgebildet. Es fehlt jedoch auch eine hinreichende Dynamik dieser Startgutschrift, sodass im Zeitpunkt der Verrentung „Versorgungsschäden“ von bis zu 50 % der berechtigt erwarteten Zusatzversorgung keine Seltenheit sind.
Wer ab 2002 eingestellt wurde, der hatte (außer der DRV-Rente) nur Ansprüche an das neue Punktemodell - u. a. mit der Folge, dass die heutige Altersversorgung der Tarifbeschäftigten (gesetzliche Rente und VBL-Rente) monatlich bis zu 1.000 Euro netto unter den Pensionen der verbeamteten Kolleg:innen in vergleichbaren Beschäftigungsverhältnissen liegt. Da die ursprüngliche Mindest- Gesamtversorgung und die Mindestversorgungsrente ebenfalls gestrichen wurden und außerdem die regelmäßigen 1%igen Rentensteigerungen der VBL-Zusatzversorgungsrente nicht die inflationäre Entwicklung abfedern, bedeutet dies für viele tarifbeschäftigte Lehrkräfte im Rentenalter einen stetigen Kaufkraftverlust der VBL-Zusatzversorgung und die Gefahr von Altersarmut. Die Zuweisung zu der fiktiven Steuerklasse I/0 oder III/0 (s. Punkt 2 dieser Darstellung) wurde für die Betroffenen zu einer zusätzlichen Ungerechtigkeit bei der Berechnung der Startgutschrift.
Der BGH hatte in seinem 1. Urteil vom 14.11.2007 zu den Startgutschriften der rentenfernen Jahrgänge die Satzungsumstellung zum 31.12.2001 von der beamtenähnlichen endgehaltsbezogenen Versorgung auf das Punktemodell grundsätzlich gebilligt. Begründet hat er dies mit einer angeblichen (nicht nachgewiesenen) generellen Krise des Zusatzversorgungssystems. Er hatte jedoch die Anwartschaftsberechnung (Startgutschrift) für die rentenfernen Jahrgänge als unwirksam erklärt. Grund hierfür war ein Gleichheitsverstoß innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten zwischen Spät-und Früheinsteigern.
Die Neuregelung 2002 sah für die rentenfernen Versicherten vor, dass erst nach 44,44 Versicherungsjahren eine Vollversorgung hätte erreicht werden können (= Anteilssatz von 2,25 % je Versicherungsjahr). Dies benachteiligte z.B. Versicherte mit Studium, weil sie keine Vollversorgung erreichen können. Mittlerweile schwankt der Anteilssatz je Versicherungsjahr: von 2,25 % für Früheinsteiger bis 2,5 % für Späteinsteiger ab dem 25.Lebensjahr (§ 79 Abs. 1 der Satzung der VBL). Diese Anteilssätze beziehen sich nicht mehr auf die Gesamtversorgung, wie im alten Recht, sondern nur auf eine fiktive Vollversorgung.
Hinzu kommen Fehler bei der Dynamik der Anwartschaft von 2001 bis zur Verrentung und die Entwertung der Versorgung durch die zu geringe jährliche 1%ige Dynamik in der Rente.
Der BGH hatte in dem Urteil vom 20.09.2023 (Az.: IV ZR 120/22) die jetzige Regelung der Satzung zu den Startgutschriften dennoch gebilligt. Dieses ist jedoch auch deshalb befremdlich, weil bei der „Übertragung“ in die Startgutschrift – entgegen dem alten Recht – Ausbildungs-, Vordienst- und z. B. Nachversicherungszeiten bei Zeitsoldat:innen und Beamt:innen nicht mehr als gesamtversorgungsfähige Zeiten bei der Ermittlung der Zusatzversorgung mitzählten und die Versorgung erhöhten, sondern nur noch reine Einzahlungen bei der VBL/ZVK die Berechnung der Stargutschrift bestimmten. Eine entsprechende Klage hiergegen läuft noch vor dem Landgericht Karlsruhe für einen nachversicherten Beamten.
Angeblich zur finanziellen Rettung der Zusatzversorgung der VBL-West wurde in den Verhandlungen zum Tarifvertrag Altersversorgung (ATV) im März 2015 beschlossen, die Beiträge der Tarifbeschäftigten einseitig in zwei Stufen (von 1,41 % auf 1,81 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts) zu erhöhen. Die verhandelnden Gewerkschaften (dbb Tarifunion, ver.di, GEW) haben dem zugestimmt, obwohl bereits damals seriöse Gutachten eine gesunde Kassenlage der VBL-West erkennen ließen. Die neuen Beiträge gelten zunächst bis 2024 und werden für die Folgezeit in Tarifverhandlungen erneut in den Blick genommen.
Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat am 12. November 2015 beschlossen, die allein von den Arbeitgebern getragenen steuerfreien Sanierungsgelder zur Abdeckung von vor dem 1. Januar 2002 begründeten Ansprüchen und Anwartschaften für die Jahre 2013 bis 2015 an die Arbeitgeber zurückzuzahlen: Inklusive der (aus den zurückzuzahlenden Sanierungsgeldern) erzielten Kapitalerträge erfolgte an die betroffenen Arbeitgeber eine Rückzahlung von ca. 2,7 Mrd. Euro. Begründet wurde dieser Schritt mit der Zweckbindung der Mittel.
Die Vermögenslage der VBL hat sich in der Zeit von 2001 bis 2020 enorm verbessert: von 7.035,5 Millionen auf sagenhafte 31.584, 3 Millionen Euro. Der Geschäftsbericht für 2021 weist mit der folgenden Zahl eine weitere Steigerung aus: 34.127,7 Millionen Euro.
Neben der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, die für die Arbeitnehmer des Bundes und der einzelnen Bundesländer zuständig ist, gibt es übrigens mehr als 20 weitere kommunale und kirchliche Zusatzversorgungseinrichtungen sowie die Sparkasseneinrichtungen für Arbeitnehmer von Sparkassen. Einige von ihnen verfügten 2001 über sehr große Vermögen. So verfügte z. B. die Katholische Zusatzversorgungskasse in Köln über ein Kapital in Höhe der 30-fachen jährlichen Rentenleistung und zahlte 2001 alle Renten aus der Hälfte der Zinsen. Damit erscheinen die in der Vergangenheit erfolgten massiven Kürzungen der VBL-Leistungen und die Zweckentfremdungen in einem gänzlich neuen Licht.
Die Dynamisierung unserer Betriebsrente (hier: VBL-Zusatzversorgungsrente) beträgt ab dem Rentenbezug jährlich 1 %. Dies ist festgeschrieben im Tarifvertrag Altersversorgung (§ 11 Tarifvertrag Altersversorgung - ATV vom 1. März 2002). Tatsächlich hätten die Tarifvertragsparteien auch eine ganz andere Regelung fixieren können.
Die gesetzlichen Bestimmungen (hier: § 16 Betriebsrentengesetz - BetrAVG) hätten zugelassen, dass die Arbeitgeber:innen - statt der 1%igen Rentensteigerungen - sich mit ihren Erhöhungen an dem Verbraucherpreisindex für Deutschland orientiert hätten. Der Rentenanstieg hätte nicht geringer als der Anstieg des Verbrauchspreisindexes sein dürfen. So wäre die Gefahr eines (ständigen) Wertverlustes vermieden worden. In den Jahren 2021-2023 lag die Inflation bei insgesamt 15,9 %. Der Wertverlust der VBL-Zusatzversorgungsrente betrug demzufolge ca. 13 %.
Der Netto-Unterschied zu den Beamtenpensionen ist schon zu Beginn der Rentenzahlungen gewaltig und ungerecht. Er kann durchaus 1.000 € betragen. Eine Wertschätzung der Lebensleistung sieht anders aus. Der Abstand vergrößert sich im Laufe des Rentenbezuges, da die Pensionen der Ruhestandsbeamt:innen so wie die Bezüge der Beamt:innen im Dienst regelmäßig erhöht werden durch die wirkungsgleiche Übertragung der Tarifergebnisse. Der ständige Wertverlust der Zusatzversorgungsrente bedeutet auch, dass viele Rentner:innen verarmen und – unfreiwillig und kostenintensiv – die Unterstützung öffentlicher Kassen in Anspruch nehmen müssen. Gleichzeitig leidet die Binnennachfrage durch den erzwungenen Konsumverzicht verarmter Rentner:innen. Unter Aspekten der volkswirtschaftlichen Betrachtung ist dies sehr bedenklich. Der Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung - ATV) vom 1. März 2002 läuft bis zum 31.12.2024. Bezogen auf die Dynamisierung muss eine ganz andere Regelung getroffen werden: Der Werterhalt muss zeitnah gesichert werden.
Die 1%igen Rentensteigerungen führen zu einem ständigen Wertverlust. SchaLL fordert von den Tarifvertragsparteien die Kündigung des Tarifvertrags Altersversorgung - ATV mit dem Ziel der Einführung einer adäquaten Dynamik der jährlichen Rentensteigerungen, die den Werterhalt der Zusatzversorgungsrenten sichern. Drei Alternativvorschläge zur Sicherung des Werterhalts der VBL-Zusatzversorgungsrente:
Hintergrund dieser Forderung: Die Rentner:innen zahlen auf ihre VBL-Zusatzversorgungsrenten seit 2004 die vollen Beiträge ab dem seit 2020 eingeführten Freibetrag. Sie zahlen für ihre VBL-Zusatzversorgungsrente (abzüglich des Freibetrages) die Beiträge der Arbeitnehmer:innen und die der Arbeitgeber:innen von ca. 20 % zur Krankenversicherung der Rentner:innen (inklusive Zusatzbeitrag) und zur Pflegeversicherung. Es gibt im Jahr 2024 lediglich einen Freibetrag in Höhe von 176,75 Euro, sodass von höheren VBL-Renten die erwähnten Beiträge abgezogen werden.
Die Nettoeinkommensgleichstellung zwischen Ruhestandsbeamt:innen und verrenteten Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes soll - möglichst zeitnah - auch im Ruhestand gelten.
Selbstverständlich müssen die Unterschiede zwischen (Netto-)Rente und Pension wirkungsgleich und systemgerecht aufgehoben werden:
Ralf E. Heinrich, Rentenpolitischer Sprecher der SchaLL.NRW, zum Schwerpunktthema Zusatzversorgungsrente der VBL-West:
Die Netto-Einkommensgleichstellung zwischen Tarifbeschäftigten und Beamt:innen muss auch im Rentenalter gelten! Viele tarifbeschäftigte Kolleg:innen erleben nach ihrem arbeitsreichen Berufsleben im Schuldienst auch ihr Rentenalter in materieller Bescheidenheit oder sogar in Altersarmut. Diese skandalöse Ungleichbehandlung demotiviert und macht krank! Daher fordert SchaLL.NRW langfristig die Netto-Einkommensgleichstellung zwischen Tarifbeschäftigten und Beamt:innen auch im Rentenalter. Zeitnah muss der Werterhalt der Zusatzversorgungsrente im Tarifvertrag Altersversorgung - ATV sichergestellt werden.
(Stand: 01.10.2024)
(Ralf E. Heinrich in Zusammenarbeit mit RA Bernhard Mathies, Vorsitzender des Vereins zur Sicherung der Zusatzversorgungsrente e.V. (VSZ))
Quellenverzeichnis:
Ralf Heinrich
Rentenpolitischer Sprecher
heinrich@schall.nrw